Silbersee by Sebastian Brock

Silbersee by Sebastian Brock

Autor:Sebastian Brock [Brock, Sebastian]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Mitteldeutscher Verlag
veröffentlicht: 2014-03-10T04:00:00+00:00


13

Die Mutter steht reglos in der Mitte des Besucherzimmers, sieht nicht zu Daniel, sondern zu Gollner. Das Besucherzimmer wird das Apartment genannt. Es gibt ein Sofa und einen flachen Tisch, eine Küchenzeile und ein Bad mit Dusche und Toilette.

– Wir haben Ihnen das Apartment für zwei Stunden reserviert, sagt Gollner. Das Sofa kann man ausziehen, aber das ist mehr für die Ehepaare gedacht.

Er hängt der Mutter einen kleinen, schwarzen Kasten um den Hals.

– Wenn Sie hier an der Schnur ziehen, wird Alarm ausgelöst. Er lacht.

– Benimm dich ordentlich, sagt er zu Daniel und geht.

Die Tür wird verschlossen. Die Mutter nimmt den Einkaufskorb, der neben ihren Füßen steht, und geht zur Küchenzeile hinüber. Sie setzt Wasser auf, nimmt einen abgepackten Kuchen aus dem Korb.

– Was willst du hier? sagt Daniel.

– Du hast ja den Pullover an, den ich deinem Arzt mitgegeben habe. Er ist dir zu klein geworden, sagt die Mutter. Dein Arzt ist ein guter Arzt. Er macht sich so viel Mühe mit dir. Er war sogar bei uns zu Hause. Ich soll dich von Großmutter grüßen.

Daniel setzt sich aufs Sofa. Die Mutter gießt Tee auf, schneidet den Kuchen, stellt Daniel einen Teller mit mehreren Stücken hin und geht zurück zur Küchenzeile, wischt die Krümel zusammen.

– Iß, ich habe es nicht mehr geschafft, selbst zu backen, aber ich habe den mit den Schokosplittern gekauft, den du so magst. Dein Arzt sagt, ihr habt morgen ein Fest hier und du willst Kunststücke zeigen. Ich habe ihm deine Requisiten gegeben.

– Ich habe keinen Hunger.

Die Mutter holt den Teller, legt die Kuchenstücke zurück in die Verpackung.

– Dann heb dir den Kuchen auf, vielleicht hast du ja morgen Appetit darauf.

Die Mutter wäscht den Teller ab, wischt Krümel zusammen, nimmt ein Glas aus dem Küchenschrank und wäscht es ab. Daniel steht auf und geht zur Mutter hinüber, sie dreht sich plötzlich um.

– Großmutter wäre gern mitgekommen, sagt sie. Ich soll dich von ihr grüßen.

Daniel legt eine Hand an die Wange der Mutter, dann den Kopf an ihre Brust.

– Großmutter ist alt geworden in letzter Zeit. Sie sagt, du wärst gestorben. Ich sage ihr, daß du noch lebst und bald zu uns zurückkommst. Manchmal glaubt sie mir nicht mehr.

Der Alarm schrillt, und Daniel hält die Schnur in der Hand. Gollner kommt herein und packt Daniel am Arm.

– Er hat mir nichts getan! ruft die Mutter. Es tut mir leid.

Sie gibt Gollner den kleinen, schwarzen Kasten, nimmt den Einkaufskorb und geht schnell aus dem Zimmer.

Janine sitzt neben dem Aquarium im Tagesraum. Daniel schaut in das Wasser, das wie dunkle Tinte aussieht.

– Meerjungfrau, sagt er.

– Seit letzter Woche sind sieben Fische gestorben, denen tut das Wetter nicht gut, sagt Janine und schlägt gegen die Scheibe.

Daniel setzt sich zu ihr. Drüben beim Fenster stehen Jader und Janines Mutter. Jader klopft gegen das Fenster, sagt etwas, und Janines Mutter lacht laut. Janine nimmt die Futterdose, öffnet sie und zählt sieben tote Fische auf den Tisch. Sie legt sie in eine Reihe, der Größe nach geordnet.

– Der Kleine ist jeden Tag



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